Zwei Hunde begegnen sich. Schon auf größerer Distanz springt der eine Hund in die Leine und reißt das zarte "Frauchen" am anderen Ende fast zu Boden. Diese schafft es gerade noch rechtzeitig den lieben Hundeschatz zur Räson zu rufen und greift in ihrer Not ins Halsband. Hund steht mittlerweile schon auf zwei Beinen und bellt lauthals in der Leine. Der sich nähernde andere Hund mag sich das Schauspiel kaum ansehen und schnüffelt unaufhörlich an eigentlich völlig uninteressanten Stellen herum, in der Hoffnung, dass sich das andere Ende der Leine umentscheidet und einen anderen Weg einschlägt.
Eines der häufigsten Themen, zu denen ich als Hundetrainerin hinzugezogen werde, ist das Thema "Hundebegegnungen". So ist es, in meiner Wahrnehmung, eher die Seltenheit, wenn Hundebegegnungen stressfrei und unkompliziert ablaufen. Woran liegt das? Können wir vielleicht schon präventiv mit unserem Welpen Probleme in dieser Hinsicht vermeiden mit dem richtigen Handling und, falls ja - wie sieht dieses richtige Handling eigentlich aus?
Doch beginnen wir am Anfang wie entsteht der typische Stress in Hundebegegnungen eigentlich?
Warum so gestresst?
Wäre es nicht schön, einfach entspannt an anderen Hunden vorbei laufen zu können mit dem geliebten Vierbeiner? Die Realität zeichnet häufig ein anderes Bild. Hunde, die in die Leine gehen, lautstark bellen und zerren ohne Ende. Alles Indikatoren für einen unentspannten Hund - einen Hund, der ordentlich Frust hat. Frust kann auf verschiedene Weise entstehen - eines ist jedoch immer gleich - Frust entsteht, wenn ein Verhaltensziel nicht erreicht werden kann. So frustet der Hund, der an sich gern andere Hunde trifft, aber durch die Leine an der Kontaktaufnahme gehindert wird genauso wie der Hund, der andere Hunde gruselig findet, aber der Begegnung nicht entkommen kann. In beiden Fällen ist die Leine und die damit sehr eingeschränkte Bewegungsmöglichkeit des Hundes maßgeblich für Frust.
Es ist also eigentlich egal, ob der Hund zum anderen Hund hin möchte und nicht kann, oder ob der Hund nicht zum anderen Hund möchte, aber durch die Leine nicht flüchten kann - es entsteht in beiden Fällen Frust.
Frust vermeiden
Wie können wir nun den Frust bei unseren Hunden vermeiden? Eigentlich ganz einfach - in dem wir zum Einen eine Distanz zum sich nähernden Hund einhalten, in der unser Hund noch sehr wenig Frust hat. Zum Anderen für lohnende Alternativen sorgen. Das können einfache Signale sein, die wir unserem Hund als Verhaltensangebot geben können. Situationsabhängig arbeite ich gern mit einem Handtouch, einem deeskalierenden Sitzen, mehrfachen Seitenwechseln, o.ä.
Kann der Hund die gefragten Verhalten (erwünschte Verhalten) zeigen, haben wir zwei große Vorteile im System. Punkt 1 - wir nutzen die klassische Gegenkonditionierung, da unsere positiv aufgebauten Signale wie Ankündiger für Belohnung wirken und wir somit den sich nähernden Hund positiv verknüpfen. Punkt 2 - wir trainieren mit jeder Begegnung eine Strategie, auf die der Hund zunehmend zurückgreifen kann. Hundebegegnungen laufen somit also deutlich konstruktiver ab - für Mensch und Hund.
Oftmals beobachte ich Hundebegegnungen - immer wieder stelle ich fest, dass die Menschen bereits beim Auftauchen des fremden Hundes angespannt sind. Sie nehmen den Hund kürzer, laufen straff auf den anderen Hund zu und es entsteht der Eindruck bei mir, als würden sie zum Teil das Atmen vergessen - zu sehr sind sie damit beschäftigt, halbwegs gut an dem anderen Hund vorbei zu kommen. Der große Fehler im System ist allerdings, dass sie ihrem Hund weder mitteilen, wie er sich VERHALTEN SOLL in Hundebegegnungen, noch das gute Verhalten BEVOR der Hund unerwünschtes Verhalten zeigt, belohnen. Im Gegenteil, oftmals wird der Hund, der noch völlig nett neben dem Menschen läuft, drohend ermahnt. Dass dieses Szenario nicht gut ausgehen wird, ist klar, denke ich.
Vorsicht vor Rotstiftdenken!
Handeln wir immer erst, wenn unser Hund sich daneben benimmt, haben wir keine Möglichkeit mehr zu belohnen. Wir müssen also strafen. "NEIN, DAS IST FALSCH!", "DAS IST AUCH FALSCH!" - was fehlt dieser Herangehensweise? Der Blick auf die tatsächlich guten Verhalten. Wenn wir den Hund strafen, weiß er noch immer nicht, was lohnender gewesen wäre - was richtig gewesen wäre! Das ist ein zentraler Punkt im sinnvollen und zielführenden Training.
Der große Pluspunkt der positiven Verstärkung - wir denken mit positivem Blickwinkel, wir freuen uns über unseren Hund, wir belohnen gern und es geht uns gut damit. Wenn wir uns gut fühlen, können wir anders mit unserem Hund umgehen - der Durchbruch des Teufelskreises.
Da gibt es aber kein GUTES Verhalten!
Wirklich nicht? Oft tun sich die Menschen schwer ihren Hund zu belohnen in Hundebegegnungen, denn sie wissen, dass er innerhalb der nächsten Sekunde nachdem er den anderen Hund gesichtet hat, nach vorn in die Leine geht und alles gute Verhalten vergisst. Ja, kann sein, jedoch steht er für eine geschlagene Sekunde noch still, an lockerer Leine und mit geschlossenem Maul. Würden wir ein Standbild aufnehmen - es würde uns gefallen, oder? Dieses kurze Verhaltensfenster benötigen wir - es muss zukünftig größer werden.
Wir konzentrieren uns zunächst also auf die winzig kleinen Verhaltensfenster, die wir gern öfter sehen möchten und belohnen kräftig. Denn ALLE Hunde zeigen GUTES Verhalten. Unsere Aufgabe ist es, diese Verhalten mehr werden zu lassen!
Ok - Hundebegegnungen resultieren also aus einem Frust heraus. Das wissen wir jetzt. Aber welche möglichen Ursachen für eine Begegnungsproblematik kommen in Betracht?
Ganz vorn dabei die Welpenspielstunde ...
Welpenspielstunde
Es ist zu beobachten, dass sich die Geschichten zahlreicher Hunde mit aktueller Begegnungsproblematik auffallend ähneln. So berichten die Menschen häufig, dass ihre Hundekinder damals in der Welpenspielstunde völlig unauffällig in Bezug auf andere Hundekinder gewesen sind. Im Gegenteil, sie waren total aufgeregt, haben schon auf dem Parkplatz der Hundeschule freudig gebellt, wenn es gleich wieder hieß "Leinen los, Hundekinder frei, spielen, toben, Spaß haben!". Auf dem Hundeplatz angekommen war der Hund vor Freude kaum mehr ansprechbar und so blieb nur noch die Leinen schnell zu lösen, um dem Spaß nicht im Wege zu stehen. Der kleine weiße Hund, kaum höher als eine Handtasche, hatte besonders viel Spaß - er rannte, kaum war die Leine gelöst, aberwitzig wie ein Hase auf dem Trainingsplatz umher. Der kleine Shiba war eher der Beobachter und verzog sich unter die kleine Holzbrücke. Kam jedoch ein anderes Hundekind zu nah an das Versteck des kleinen Shibas heran, gab es Saures. Er schoß aus seinem Versteck und rannt den Hundepassanten um. Lag dieser am Boden zeigte der dominante Shiba wo der Frosch die Locken hatte und tackerte den ungebetenen Hundebesuch am Boden fest, indem er sich über ihn stellt und knurrte. Nicht zu vergessen der kleine niedliche Pudelwelpe, der immer so doll Angst hatte vor anderen Hunden. Aber Herrchen hatte ja zum Glück den Weg in die Welpenspielstunde gefunden, um Zwerg Pudel die Angst vor anderen Hunden zu nehmen. Das hat auch tatsächlich super funktioniert - am Ende der 6 Einheiten hatte Pudelchen schließlich keine Angst mehr vor fremden Hunden. Er rannte jetzt immer schnurstracks auf alle Hunde zu. Gut, oftmals fand er kein Ende mit dem Spielen und manch anderes Hundekind fand das ständige Aufreiten von Pudelchen auch etwas befremdlich, aber hey - er hatte schließlich keine Angst mehr! Alles in allem kann man sagen - Welpenspielstunde halt. Hier steht ganz oben auf der Agenda "SOZIALISIERUNG" - und diese erreicht man schließlich am besten durch möglichst viele Hundekotakte, oder?
Gut - IronieENDE.
Eine Darstellung aus Hundehaltersicht fand ich an dieser Stelle sehr hilfreich, um den Konflikt zwischen interpretiertem und tatsächlichem Sachverhalt in einer typischen Welpenspielstunde darzustellen. Zahlreiche Hundehalter verlassen sich auf "professionelle" Hundetrainer und möchten das allerbeste für ihr Hundekind. Dafür zahlen sie auch gern einen hohen Preis. Dass der Welpe eben erst durch die Welpenspielstunde "kaputt gegangen" ist, verstehen sie oft erst, nachdem sie mit ihrem inzwischen leinenaggressiven Hund einen kompetenten Trainer aufsuchen, der sein Handwerk tatsächlich versteht, die Menschen aufklärt und das langwierige Training beginnen lässt.
die fatale Fehleinschätzung in Welpenspielstunden
Ja, Hunde sollten andere Hunde kennen lernen, sie sollten lernen angemessen auf die Zeichen des anderen Hundes zu reagieren und es ist durchaus wünschenswert, würden sie lernen nicht sofort zu jedem Hund hinzulaufen, sondern ansprechbar und entspannt neben ihrem Menschen zu bleiben. Doch erreicht man diese Ziele durch ein Zusammentreffen zahlreicher anderer unerfahrener Hundekinder, die sich selbst überlassen werden, während die Menschen dem Schauspiel als Zuschauer beiwohnen? Wohl kaum.
Vielmehr ist zu beobachten, dass die Welpen innerhalb kurzer Zeit völlig überfordert sind mit der Situation der freien Begegnung mit zahlreichen anderen Hunden. Indikatoren hierfür sind zum Beispiel die selten stattfindenden Rollenwechsel, welche elementaren Charakter eines Spiels unter Hunden haben sollten. Oftmals stehen die Rollen von Beginn an fest und werden selten verändert. So ist der eine Hundewelpe stets der Hase - der Hund, der reagieren muss - der Hund, von dem selten bis niemals eine Spielaufforderung ausgeht. Der andere Hund ist immer der Jäger - der Hund, der andere bewegt, jagt, umrennt - der Hund, der andere zu Boden wirft. Ein wieder anderes Hundekind ist zu Beginn sehr ängstlich anderen Hunden gegenüber, stellt aber ganz schnell fest, dass sich hinter Menschenbeinen zu verstecken keine allzu lohnende Strategie darstellt, denn die gruseligen anderen Hunde finden den Welpen und geben alles, um Kontakt aufzunehmen. Nur sehr selten schmälert das die Angst eines versteckten Hundekindes, denn wer Angst vor einem Hund hat, hat nicht weniger Angst, wenn gleich 8 Hunde um einen herum toben. Die neue Strategie des ängstlichen Welpen sieht übrigens so aus, dass dieser nun schon frühzeitig und sehr energisch bellt und knurrt, um die anderen Hundekinder auf Abstand zu halten. Dieser Plan geht jedoch nur semi auf, da das Erregungslevel in der Hundegruppe so hoch ist, dass es nur wenige Hundewelpen schaffen Abstand zum Angsthasen zu halten. Der Angsthase lernt somit, knurren ist auch keine sehr erfolgreiche Strategie - ich muss massiver werden. Herzlich willkommen kleiner "Angstbeißer"!
Fazit Welpenspielstunde
Um fatale Fehlverknüpfungen zu vermeiden, bemüht man sich als Welpenbesitzer am besten um eine Welpenschule, auf deren Plan NICHT das freie Spiel steht. Vielmehr sollten erste sinnvolle Übungen wie Deckentraining, Handtouch, Anfassen & Untersuchen lassen oder Gerätetraining für einen alltagstauglichen Hund auf dem Plan stehen. Sicher können auch Sequenzen des freien Kontaktes zwischen den Hunden zielführend sein, diese sollten jedoch scharfen Reglements unterliegen:
- maximal 3 Hundekinder zeitgleich im freien Kontakt
- die Menschen beobachten UNUNTERBROCHEN ihr Hundekind, während der Trainer die Zeichen und Situationen der Hunde erklärt
- erste Konfliktzeichen der Hunde werden sofort erkannt und es wird unmittelbar eine Lösung gefunden
- Hunde werden weder umgerannt, noch bedrängt
- es werden immer wieder Pausen angeboten und konstruktiv genutzt, um einen Zustand der Entspannung herzustellen
Finden diese Punkte Beachtung, stehen die Chancen gut für unkomplizierte Hundebegegnungen im Alltag, denn die Hunde lernen entspannte Begegnungen kennen, in denen die eigenen Zeichen wahrgenommen werden und angemessen darauf reagiert wird. Im Umkehrschluss produzieren wir auf diesem Weg Hunde, die sich in einem normalen Erregungszustand befinden, wenn sie auf andere Hunde treffen. Es fällt ihnen damit deutlich leichter auch perspektivisch ansprechbar zu bleiben, wenn sie Hunde sichten oder Hunde passieren sollen.
Das oberste Ziel im Kontext der Sozialisierung sollte nicht sein, möglichst viele Tiere irgendwie kennenzulernen. Vielmehr sollte das konstruktive WIE Priorität haben.
Ursachen jenseits der Welpenspielstunde
Nicht alle problematischen Hunde haben eine schlecht geführte Welpenspielstunde besucht. So können auch andere Situationen ursächlich für das heutige Problemverhalten sein. Wurde ein Hund zum Beispiel Opfer eines Angriffs durch einen anderen Hund ist es naheliegend, dass der attackierte Hund psychischen Schaden nimmt und eine tiefe Angst in Bezug auf andere Hunde entwickelt. Diese zeigt sich meist in aggressivem Verhalten anderen Vierbeinern gegenüber.
Seltener kann auch eine hormonelle Komponente die Basis von Begegnungsproblematiken sein. Diese ist im Übrigen die einzige Ursache von Aggression, welche NICHT auf der Emotion Angst beruht. Eine REINE hormonell basierte Aggression zielt auf das Beanspruchen einer oder mehrerer Ressourcen ab. So können Territorium oder Sexualpartner als Ressource beansprucht werden. Dies ist jedoch äußerst selten die Ursache für eine Begegnungsproblematik und sollte nach einer (chemischen) Kastration deutlich an Motivation verlieren. Oftmals wird die Kastration als Mittel der Wahl bei Aggression beschrieben. Zahlreiche Tierärzte führen jene OPs auf Zuruf durch, ohne medizinische Indikation. An sich liegt hier ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz vor. Schlimmer ist jedoch die Tatsache, dass eine OP weder einen Garant auf Besserung des bestehenden Problems beschreibt, noch risikofrei für den Rüden durchgeführt werden kann. Vermutet ein KOMPETENTER Trainer eine hormonell bedingte Problematik ist es ratsam auf eine temporäre chemische Variante zurückzugreifen, um eventuelle Veränderungen des Verhaltens dokumentieren zu können. Bestätigt sich der Verdacht, kann im Nachhinein immer noch eine Kastration durchgeführt werden.
Auch Krankheiten oder zunehmende körperliche Gebrechen bei älteren Hunden können zu einer Begegnungsproblematik führen. Die Hunde fühlen sich nicht wohl, haben Schmerzen oder andere körperlichen Defizite und stehen der Begegnung mit anderen Hunden nicht sehr aufgeschlossen gegenüber. Wer hat schon Lust mit einer schmerzenden Hüfte übers Feld zu toben? Auch, wenn der eigene Hund immer gern mit anderen Hunden unterwegs war, so ist es nun Zeit ehrlich zu sich selbst zu sein und seinen Hund zu schützen, seine Bedürfnisse ernst- und wahrzunehmen.
Häufiger erlebe ich das Fehleinschätzen des eigenen Hundes durch deren Menschen als Ursache einer Begegnungsproblematik. Ähnlich der beschriebenen Szenarien der Welpenspielstunde stellt sich eine schleichend fortschreitende Begegnungsproblematik vieler Hunde dar.
Zu Beginn kommt der Hund mit allen Hunden gut klar. So zumindest die Einschätzung der Halter. Fragt man genauer nach, werden oft Situationen beschrieben, in denen sich der Hund abgelegt hat bei Sichtung eines anderen Hundes, oder Situationen, in denen der Hund bei anderen Hunden aufgeritten ist, oder Situationen, in denen der Hund wild riesige Kreise um den anderen Hund gejagt ist, oder Situationen, in denen der eigene Hund seeehr langsam um den anderen Hund herumgeschlichen ist. Der Mensch hat diese Situationen damals als unkompliziert eingestuft und mit dem Etikett "mein Hund macht das eben so" beklebt. Im Nachhinein und nach weiterem Nachfragen, stellt der Mensch dann fest, dass die beschriebenen Situationen öfter auftraten und der Hund nun auch schon auf größere Distanzen zum anderen Hund gestresst zu sein schien. Er war schwerer ansprechbar, hat kaum noch Leckerlies angenommen, kam ins Starren und schoss beim Leinelösen sofort nach vorn - frontal auf den anderen Hund zu. Oder die Situation hatte sich bereits so zugespitzt, dass der Mensch den Freilauf mit anderen Hunden ablehnte, weil er sich zunehmend unwohler damit fühlte. Jedoch war nun auch ein einfaches Passieren des anderen Hundes nicht mehr ohne Zerren an der Leine und akustische Untermalung seitens des Hundes möglich.
Rückblickend kann man sagen, dass der Hund zu keinem Zeitpunkt unkompliziert in Hundebegegnungen agieren konnte. Der Vierbeiner stand von Beginn an vor für ihn unlösbaren Konflikten, was wir als Menschen hätten wahrnehmen können und lösen müssen. Helfen wir unseren Hunden nicht in für sie unlösbaren Konflikten mit anderen Hunden, werden unsere Hunde selbst Strategien entwickeln, die ihnen Erleichterung bringen.
die 4 Konfliktlösungen unserer Hunde
Geraten Hunde in einen sozialen Konflikt stehen ihnen 4 Strategien zur Verfügung, um diese zu lösen.
Zum einen (die meist als erstes angewandte Strategie) könnten unsere Hunde EINFRIEREN (partiell oder vollständig). Unser Hund bewegt sich deutlich gehemmter bis gar nicht mehr. Auch das klassische und oft fälschlicher Weise als Spielgeste eingeordnete Ablegen des Hundes, fällt in die Kategorie "Einfrieren" und ist im Zusammenhang mit Begegnungen als Konfliktzeichen zu deuten. Auch das untypische vermehrte Schnüffeln, sich Hinsetzen oder langsamer werden ist in die Kategorie "Einfrieren" einzuordnen.
Eine weitere Strategie ist das FLÜCHTEN. Ein Ausweichen hinter den Menschen, in ein Versteck, ein beherzter Satz nach hinten - all das sind Anzeichen dafür, dass sich der Hund in der sich anbahnenden Begegnung nicht wohl fühlt und Hilfe benötigt.
Manche Hunde gehen in ein KONFLIKTSPIEL über. Dies ist für das ungeübte Auge recht schwer zu enttarnen. Der Hund rennt wild herum, eventuell rennt der andere Hund ebenso. "Klassisches Hundespiel" würde der ungeübte Hundehalter feststellen. Beim Konfliktspiel wirken die Hunde schnell, zackig, eckig, wenig kurvig oder geschmeidig, eher wir schnelle Hasen, die massive Haken schlagen. Die Gesichter der Hunde sind angespannt, mit meist geschlossenem Maul und hervortretenden Blutgefäßen.
Gehen wir davon aus, ein Hund hätte eine Strategie gewählt und hofft auf die Lösung seines Konfliktes, nämlich der Distanzvergrößerung zum anderen Hund - diese geht in sofern jedoch nicht auf, als dass der andere Hund weiterhin in geringer werdender Distanz auf den geängstigten Vierbeiner zuläuft, so wird dieser eine andere Strategie wählen, löst auch diese das Problem nicht, wählt er die dritte Strategie und so weiter. Was eigentlich die 4. Strategie ist?
FIGHT - die letzte zur Verfügung stehende Strategie ist der Angriff. Diese Strategie wird meist gegen Ende gewählt, ist jedoch meist auch am wirkungsvollsten und bleibt somit häufig bestehen. Denn wenn Hund aggressiv nach vorn geht, ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Mensch samt Hund lieber ausweicht, oder der Mensch des anderen Hundes einen anderen Weg wählt, recht groß.
Durchsetzen hilft
Oftmals höre ich Sätze wie "Bei mir macht der das nicht. Der benimmt sich nur bei meiner Frau so! Ich bin einfach konsequenter." Was ist dran an solchen Annahmen, dass die Konsequenz den Unterschied macht?
Ja, die Konsequenz macht tatsächlich den Unterschied. Laufe ich mit einem problematischen Hund und belohne ihn sehr konsequent für richtiges Verhalten, bevor er sich daneben benimmt, wird sich der Hund bei mir perspektivisch deutlich besser verhalten. Was bei so manchem konsequenten Hundehalter jedoch leider eher mit "Konsequenz" gemeint ist, ist das vehemente Durchsetzen und die stetige Anwendung oder Androhung von Strafe. Dies konditioniert ein Hund natürlich ebenso. Der Mensch meint, der Hund denkt: "Wenn Person A mit mir spazieren geht, benehme ich mich lieber." Was hat der Hund tatsächlich gelernt? "Wenn Person A mit mir spazieren geht ist es besser den anderen Hund zu ertragen, ansonsten wird es noch unangenehmer für mich. Wenn ich belle oder in die Leine springe, werde ich am Halsband gezerrt oder mit einer Wasserflasche bespritzt. Dann ist die Annäherung an den anderen Hund das kleinere Übel." Der Hund hat also die Wahl zwischen Cholera und Pest. Er hat Angst auf den anderen Hund zuzulaufen, aber auch Angst etwas falsch zu machen und dafür vom Menschen gestraft zu werden. Er entscheidet sich für das kleinere Übel.
An dieser Stelle kann man ganz klar sagen, dass eine solche "Konsequenz" weder Sinn macht, denn der Hund wird spätestens, wenn er einen sich nähernden Hund zuerst gesehen hat oder sich außerhalb des Handlungsradiuses seines Menschen befindet oder wenn der Mensch nicht hart genug straft wieder in alte Muster fallen, denn er hat zu keinem Zeitpunkt eine Alternative kennengelernt - noch ethisch zu vertreten ist. Ziel von uns Menschen muss es sein, dem Hund zahlreiche sinnvolle Handlungsstrategien in Konflikten zu lehren, ihn auf unserer Seite zu wissen, ein Team zu sein, sich auf einander verlassen zu können. Diese Ziele erreicht man ausschließlich mit Rücksichtnahme dem Hund gegenüber, mit sinnvollem Training, mit Feingefühl und Fachverstand - NIEMALS mit Härte und falsch verstandener Konsequenz!
die lieben Verknüpfungen
Hunde verknüpfen Situationen genauso wie wir Menschen. Haben sie ein Thema mit anderen Hunden und lernen nun auch noch zusätzlich, dass der Mensch am anderen Ende der Leine immer dann unangenehm wird, wenn ein Hund auftaucht, wird dieser über kurz oder lang zum konditionierten Reiz für Frust, Angst, Unwohlsein. Verknüpft man also nun den anderen Hund stattdessen mit positiven Dingen wie tollem Spiel, der Lieblingssuche, dem Lieblingsleckerlie, ... wird das Auftauchen eines Hundes perspektivisch eine Ankündigung für tolle Dinge seitens des Menschen sein. Jackpot, denn nun besteht eine Basis für sinnvolles Training. Ziel des ersten Trainingsschrittes einer Begegnungsproblematik muss das Verändern der verknüpften Emotion des Hundes sein. erst dann ist es möglich ein Alternativverhalten zu etablieren.
Auf diese Weise können Hunde produziert werden, die eine Lösungsstrategie erlernt haben. Hunde mit denen ich spazieren gehen kann, OHNE die Umgebung scannen und den auftauchenden Hund als Erster erspähen muss, weil mein Hund genau weiß, WAS ein auftauchender Hund nun ankündigt!
Ein sehr umfangreiches Thema, welches ich hier nur an der Oberfläche angekratzt habe. Man könnte Bücher füllen mit dem spannenden Thema der Begegnungsproblematik...
Beobachtet eure Hunde genau bei Hundesichtungen und greift konstruktiv ein, wenn es nötig ist. Eine klug gewählte Distanz ist immer ein limitierender Faktor sinnvollen Trainings.
Ihr möchtet mehr über das Meistern von Hundebegegnungen erfahren?
In diesem Sinne wünsche ich euch zahlreiche entspannte Hundebegegnungen!
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